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Die Doppelventilfunktion

Zum Grundverständnis der Stimmfunktion gehört das Wissen über die Doppelventilfunktion des Kehlkopfes, in dem die Stimmlippen als unteres Einatmungs- bzw. Unterdruckventil und die darüber liegenden Taschenfalten als Ausatmungs- bzw. Überdruckventil organisiert sind.

Dieses doppelte Ventilsystem liegt in der Evolutionsgeschichte begründet und entwickelte sich aufgrund unterschiedlicher Lebensbedingungen und Anforderungen an die Atmung.

Der Kehlkopf in seiner Hauptfunktion ist dem Atemapparat zugehörig. Die primäre Funktion der Stimmlippen als Teil des Luftweges ist es, für die Atmung zu öffnen oder auch zu schließen, bspw. um die Lungen vor Fremdkörpern zu schützen. Eine sekundäre Funktion der Stimmlippen ist dann die Phonation.

Im Zusammenhang mit der Atmungsmuskulatur ermöglicht die Kehlkopffunktion Luftdruckänderungen in der Lunge bzw. Druckänderungen im Brustkorb. Ein „Überdruck“ wird bei Schließung der Taschenfalten (als Überdruckventil) produziert, die in sich nur wenige Muskelfasern besitzen und deshalb in ihrer Schließstellung durch Hilfsmuskeln des Rachenraumes und auch weiter durch kompensatorische Aktivitäten der Schließung der Stimmlippen und der Aktivität der Ausatmungsmuskeln unterstützt werden. Zweck der Überdruckfunktion ist eine Kraftanwendung nach außen, vom Körper weg, z. B. Heben, Schieben, Defäkation, Gebären usw. Diese Aktivitäten verlangen eine erhöhte kompensatorische Spannung (Schließung) im Rachenraum und sind für die Phonation nicht günstig.

Ein „Unterdruck“ wird bei der Schließung der Stimmlippen (als Unterdruckventil) unter Beibehaltung der Rachenraumöffnung durch die ständige Aktivität der Einatmungsmuskeln produziert. Zweck der Unterdruckfunktion ist es, eine Kraftanwendung in Richtung des eigenen Körpers zu produzieren, also sich selbst zu heben, z. B. beim Klimmzug oder beim Schwimmen. Auch unterstützen bzw. innervieren alle Aktivitäten der Unterdruckventilfunktion die benötigten inneren Kehlkopfmuskeln für eine effiziente Stimmproduktion. Deshalb haben die Atmungs- und Bewegungsmuskulatur und sogar der gesamte Körper einen mechanischen wie auch neurologischen reflexmäßigen Einfluss auf die Kehlkopffunktion. Die Doppelventilfunktion ist daher in permanenter alltäglicher Aktivität.

Die menschliche Stimme ist das Ergebnis körperlicher Funktionen, d. h. von Muskelaktivitäten, die teils bewusst, teils unbewusst durch Leitvorstellungen (einem mentalen Konzept) gesteuert werden. Die optimale ungestörte Funktion der Stimmlippen ist eine Voraussetzung für die völlige Entfaltung der Stimme beim Kunstgesang, wobei alle Parameter der Stimme, wie z. B. maximaler Tonumfang, Lautstärkeumfang, Klang- und Vokalfarbänderungen, Konsonantenartikulation, Genauigkeit, Geschwindigkeit und emotionaler Kommunikationsumfang gewährleistet werden.

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